DAV Leitmeritz
Ein Beitrag aus dem Heimatbuch Leitmeritz:
Der Leitmeritzer Alpenverein - nach Aufzeichnungen von Dr. Kurt Kusebauch.
Die Anfänge des Alpenvereins in Leitmeritz gehen bis 1886 zurück. Von der Sektion Teplitz-Nordböhmen des Deutsch-Österreichischen Alpenvereins wurden damals an die Bürgermeister der nordböhmischen Städte Rundschreiben gerichtet, welche die Interessenten „für das Alpengebiet und seine Touristik" ausfindig machen sollten. Unter den wenigen, die sich damals meldeten, waren auch einige Leitmeritzer. Dem Notar Dr. Franz Kurz, der aus Reutte in Tirol stammte, gelang es, in unserer Heimatstadt 20 Mitglieder zu sammeln. Dazu gehörten vor allem Dr. Franz Mittelbach, Kaufmann Jakob, Papierhändler Perlik, Oberschullehrer Eduard Kittel. Es kam zur Gründung einer Ortsgruppe der Sektion Teplitz-Nordböhmen. Diese hatte mit dem Bau einer Hütte in den Alpen begonnen, und Kommerzienrat Reginald Czermak, welcher geschäftliche Beziehungen nach Lienz in Osttirol hatte, vermittelte auch den Leitmeritzern einen geeigneten Hüttenplatz in den Lienzer Dolomiten am Laserz-See. Eine Besichtigung der Stelle (*11) mit Dr. Kurz löste sofort Begeisterung für den schönen Platz aus, und am 15. Juli 1887 wurde schon der Hüttenplan samt Voranschlag (1800 bis 2000 Gulden) beim Hauptausschuss der Sektion für die „Leitmeritzer Hütte" eingereicht, was von dort aus einen Zuschuss von 500 Gulden erbrachte. Die Hütte bekam sechs Betten und zehn weitere Liegeplätze. Am 6. August 1888 wurde der Bau bereits vollendet, und am 31. August fand die feierliche Einweihung statt; für die dortige Bevölkerung ein wahres Volksfest. Zwei Wege führten zur Hütte: Von Amlach durch die Galitzenklamm zum Weißensteinsattel und von Tristach zum Tristacher See, vorbei am Rauchkofel und über die Tristacher Wiesen ebenfalls zum Weißensteinsattel. Wege- und Hüttenwart war der Vater des späteren ersten Vorsitzenden der Alpenvereins-Sektion Prag, Prof. August Gessner von der Deutschen Technischen Hochschule.
Von Touren in jener Zeit berichten noch Eintragungen im Hüttenbuch der heutigen „Karlsbader Hütte", wie die erweiterte frühere „Leitmeritzer Hütte" jetzt heißt. Damals erhielten die „Teplitzer Spitze" (2613 m) und die „Leitmeritzer Spitze" (2740 m) ihre Namen, die sie noch heute tragen.
Durch wirtschaftliche Schwierigkeiten und Rückgänge im Mitgliederbestand der Untergruppe Leitmeritz sah sich die Sektion Teplitz zum Verkauf der Hütte gezwungen, der am 6. September 1906 zum Abschluss mit der Karlsbader Sektion führte. Der Kern der alten Leitmeritzer Hütte kann aber in der heutigen Karlsbader trotz der Um- und Zubauten erkannt werden (*12).
Die Arbeit der Leitmeritzer Alpenvereins-Gruppe ruhte aber nicht. Die Sandsteinfelsen im Helfenburg-Tal bei Auscha, bei den Straner Felsen östlich Bleiswedel und im Gründelmühltal noch weiter östlich wurden durch Klettergruppen aus Leitmeritz erschlossen. Vor allem Oberrealschullehrer Eduard Kittel, Ernst Lange (der Ältere) und Picha, denen ihre Schüler Dr. Hanikirsch, Dr. Hönig, Bankdirektor Kullich und Dipl.Ing. Stolba um das Jahr 1910 folgten, versuchten sich, in den seltsamen Felsengebilden vom Nordrand der Daubaer Sandsteinplatte im Bezwingen von Wänden und Türmen. Oberschullehrer Karl Metzner, ebenfalls ein eifriges Mitglied der Leitmeritzer Gruppe, gemeinsam mit seinem Kollegen Ernst Lange, dem Turnlehrer der Oberrealschule, wurden Bahnbrecher im Skilauf für die Leitmeritzer Gegend. Metzner war auch als Soldat Hauptmann bei einer Bergführerkompanie und alpiner Referent bei Oberst Bilger, Baumeister Hollmann, Zahnarzt Rochlitz, Dr. Pollak und die Herren Standfest und Steidl waren weitere eifrige Mitarbeiter der Gruppe.
Die Klettergebiete um Auscha-Bleiswedel wurden auch bald über die Grenzen der engeren Heimat hinaus bekannt, wie ein Beitrag in der Zeitschrift „Deutsches Bergland" beweist. Auch sächsische Klettergruppen, die ja in ähnlichem Gestein im Elbsandsteingebiet ihre eigenen Klettergärten hatten, kamen bald gern hierher.
Die Sektion blieb vom Bergtod nicht verschont. Dr. Willibald Hanikirsch, der im Gebiet der Sudetendeutschen Hütte verunglückte, und Fräulein Anny Hübner, die am Pyrgas abstürzte, wurden Opfer der Berge. Dies wurde der Anlass, dass die Jungmannschaft der Sektion zur Sonnwendzeit des Jahres 1938 am Leitmeritzer Turm bei Bleiswedel eine Erinnerungstafel anbrachte. Diese Jungmannschaft stand in engster Verbindung mit dem Leitmeritzer Wandervogel, Angehörigen des „Wiking" und der Jungturnerschaft von Leitmeritz. Besonders reizvoll war für diese Klettergemeinschaften in den Jahren 1935 bis 1937 die Erschließung und Durchkletterung von bisher unbeachteten Felsengebieten im Laubener Grund, im Planeyer Grund und bei KonradsthaI südlich von Dauba. In diesen Jahren wurde eine systematische Begehung und Aufnahme der Felsen im Sandsteingebiet von Auscha-Bleiswedel-Dauba durchgeführt. Alle bisher bekannten Felspartien wurden aufgesucht, festgehalten und kartiert. Die einzelnen Wege bei jeder Wand, jedem Turm und jeder Nadel wurden durchklettert und nach Schwierigkeiten eingeordnet. Dabei konnten mehrere Felsen neu bestiegen und neu benannt werden, z. B. der Welzenbach-Turm, der Mato-Turm (*13), der Sedlstein (Pilz), die Konradsthaler Nadel, der Konradsthaler Talwächter. Auch konnten neue Wege an altbekannten Felsen gefunden werden, z. B. der Karl-Friede-Weg am Leitmeritzer Turm. Diese Vorarbeiten dienten als Grundlage für einen von Dozent Ernst Lange (dem Älteren) (*14) geplanten Kletterführer durch das Auscha-Daubaer Land, der nach dem Vorbild des bekannten Führers durch das EIbsandsteingebiet von R. Fehrmann herausgegeben werden sollte. Mit Senator Schmidt/Daube und Langes Freund und Bergkameraden Matouschek waren schon alle Vorbereitungen für die Herausgabe des Büchleins getroffen, die durch den Ausbruch und das Ende des Zweiten Weltkrieges als vergebliche Mühen bezeichnet werden müssen. Das Manuskript existiert leider nicht mehr. Der Jungmannschaft des Alpenvereins und ihrem Freundeskreise gehörten damals an: (Dr.-lng.) Anton Adler, (Dipl.-lng.) Wilfried Brosche, Karl Friede, Herbert Hlawitschka, (Gewerbe-Oberlehrer) Adolf Holik, Wilhelm Kowarna, Artur Kratisch, (Studienrat) Ernst Lange (der Jüngere), Robert Masilka, Rud. Melzer, (Dipl.- lng.) Fritjof Metzner, (Dr.) Fritz Niklas, (Dr.) Heinz Rochlitzer, (Dr.) Helmut Schmirler, Alfred Weitzer, (Dipl.-lng.) Walter Wunsch und (Dipl.-Kaufm.) Edmund Wunsch.
Selbstverständlich wurden neben den Kletterfahrten in der Heimat (*15) von Mitgliedern aller Altersklassen des Vereins auch eifrig Bergfahrten in die Alpen, durch die Berge Jugoslawiens, Albaniens und Griechenlands (*16) durchgeführt.
Die Wintersportler des Alpenvereins waren in der Skizunft zusammengefasst, die dem HDW (*17) angehörte. Im heimischen Gebiet von Babina hatte sie (in Nemschen) ein eigenes Heim mit 25 Plätzen.
Der Verlust der Heimat brachte auch das Ende der Alpenvereins-Sektion Leitmeritz, in welcher stets vorbildliche Kameradschaft geherrscht hatte. Die Bemühungen von Direktor Kullich, eine Neugründung nach der Vertreibung zu erreichen, hatten nicht den gewünschten Erfolg, da viele der Altmitglieder schon verstorben waren und jüngere sich bereits anderen Sektionen angeschlossen hatten.
-11) In 2252 m Seehöhe.
-12)1926 kam es zum Bau der „Sudetendeutschen Hütte" (in 2665 m Höhe), die in den Hohen Tauern, von Leitmeritz mitfinanziert, am 21. Juli 1929 eingeweiht wurde. Eine Delegation von Leitmeritz, geführt von Kittel, nahm daran teil.
-13) Nach Josef Matouschek aus Reichenberg, dem Herausgeber der ausgezeichneten Spezialkarte vom Daubaer Bergland (1:40.000) im Verlag D. Sollors Nachfolger, Reichenberg, 1932 erschienen, die das Klettergebiet von Auscha-Dauba mit Lage der Felspartien enthält (gezeichnet von Richard Bienert).
-14) Lange hatte indessen an der Deutschen Universität Prag eine Dozentur erhalten.
-15) (gekürzt) Die Gipfelbücher, welche ... auf den Kletterfelsen des Auscha-Daubaer Landes in verzinkten, aufrecht stehenden Büchsen an Abseilstiftenangebracht waren ..., waren für die tschechischenFörster der Staatsforste ... beliebte Schießscheiben benutzt worden. ... dass sie von der geschlossenen Sandsteinplatte ihre Schießübungen auf die Büchsen der Felstürme veranstalteten.
-16) 1933 Olymp-Besteigung
-17) Hauptverband der Deutschen Wintersport- und Wandervereine.